Rezension zu »Analogue Souls« im Blog von »33rpmpvc«
Danke an 33rpmpvc für die Erlaubnis zum Abdruck dieser Rezension:
»Jazz, Funk, Blues, Soul – alles in einen Topf und gut umrühren? Nein! Ganz sicher nicht. Auch wenn diese Zutaten einen wesentlichen Teil dieser Scheibe ausmachen, sind sie doch fein miteinander austarierte Ingredienzien eines höchst abwechslungsreichen Jazzalbums. Welchem Jazzfan das heutzutage immer noch die Jazzpolizei rufen lässt, wenn sich diverser Einflüsse anderer Genre bedient wird, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen. Der Kölner Bandleader und Saxophonist Bernd Delbrügge hat sich hier mit seinen Mitstreitern Dirk Ferdinand (d), Gero Gellert (b) und Gert Kapo (p, organ) zu einem erstklassigen Quartett zusammengefunden. Das Ergebnis liefert ein enorm vielschichtiges Werk, welches in der Tat durch und durch analog eingespielt und produziert wurde und diese Kette im Prinzip auch bis zum Ohr des geneigten Hörers nicht mehr unterbricht. Denn physisch erscheinen wird das Album nur als 180gr-Vinyl-Version im Gatefold-Cover. Da wurde der Titel der LP wirklich mal bis zum Ende gedacht…
Trotz dessen, dass es ein sehr songorientiertes Gesamtwerk geworden ist, bleibt innerhalb der Songs doch sehr viel Raum für die Solisten. Es braucht auch nur wenige Takte und 2-3 kleine Wah-Wahs, um bei der jazz-funkigen Einstiegsnummer „Hop Hop“ auf Touren zu kommen und um der Musik seine volle Erwartung und Aufmerksamkeit zu widmen. Und vorweggenommen wird sich das aufgrund vieler kleiner Überraschungen die noch folgen, nicht mehr wirklich ändern. Gleich im nächsten Song „Funky Hobbit“ dreht das Tempo mit einer sehr groovigen Melange aus Uptempo-Blues und Funk noch etwas auf…
Die erste überraschende Wende dann aber gleich beim dritten Song „Il Mio Topolino“, welchen ich mir durchaus für nahezu jede 70er Mafiosi-Film-Saga als Soundtrack vorstellen könnte. Die immer wieder kurz anklingenden musikalischen Zitate an die Filmmusik des große Epos „Der Pate“ verstärken diesen Eindruck noch. Zusammen mit dem nächsten Stück „Drunken Man`s Boogaloo“, der in eine ähnlich gelagerte Kerbe schlägt, sind das schon zwei etwas aus dem Gesamtrahmen fallende Stücke. Zwei Songs an die ich mich zugegeben erst gewöhnen musste, die ich aber nach mehrmaligem Hören des Albums gerade auch in dem Kontext gar nicht mehr missen möchte. Ab diesem Punkt wird die Scheibe bereits mit „Flotter Dreier“ und „Fünf Gerade Sein Lassen“ wieder eindeutig jazz-lastiger – ohne sich jedoch in eine Ecke drängen zu lassen…
„Juliette“, der locker swingende Opener der B-Seite des Vinyls ist als kleine Hommage an die in jüngeren Jahren angehimmelte und doch unerreichbare Schauspielerin Juliette Binoche gedacht. „St. James Infirmary“ bietet derweil gleich eine – nein – zwei Besonderheiten. Zum einen ist es der einzige Song auf der Platte, der nicht von Delbrügge selbst stammt. Ja, er nicht mal sein Saxophon spielt. Zum anderen: Bernd Delbrügge singt! Eine, wie er es selbst beschreibt, noch nicht allzu lange gepflegte Tradition. Merken tut man es nicht, denn der Gesang passt hervorragend ins Bild und zum Song…
Es folgt mit „Couchpotatoes“ ein Stück welches wie gemacht ist für den Einsatz diverser Soli der Band und ihrer Instrumente. Eine überzeugende Visitenkarte der einzelnen Bandmitglieder und Ihrem Können. Natürlich fehlt hier auch der lässig-coole Saxophon-Part nicht…
Der Song, der mir beim ersten Hören am meisten in den Windungen meines Kurzeitgedächtnisses hängen geblieben ist, trägt den Titel „Hollerstein Waltz“, einem schaurig-schräg-schönen und eher bedächtigen Stück, welches schafft die Atmosphäre eines alten Schwarz-Weiß-Krimischinkens aus den frühen 60ern in die eigenen vier Wände zu zaubern. Man hat jederzeit das Gefühl, das gleich Eddi Arent an die Tür klopft…
Mit „Lost In E Minor“ ist der Blues wieder voll mit im Spiel. Gastmusiker und E-Gitarrist Buddy Sacher verhilft hier mit einem eindrucksvollen Solo und im Verbund mit der Band, dem Album zu einem eindrucksvollen Abschluss. Insgesamt ein ganz starkes Album, welches man sowohl mit voller Konzentration alleine hören kann, als auch als musikalische Begleitung bei einen schönen, gemeinsamen Abend mit Freunden…
Aufgrund der kleinen Stückzahl, sollte man sich ranhalten und vielleicht die mögliche Vorbestellung nutzen. Entgehen lassen wollen würde ich mir diese Scheibe definitiv nicht…«